Happy birthday, benoît!

20 Nov 2009 | von anna schueller |

“In einer Unterhaltung mit dem Sammler Uli Sigg hörte ich von Benoît Mandelbrots Fraktal-Theorie”, so ai weiweis hinweis zu seiner arbeit “map of china”, die in der ausstellung zu sehen ist.

Benoît Mandelbrot (*1924), einer der prominentesten vertreter der sog. chaostheorie, schuf 1975 den begriff fraktal, um objekte zu beschreiben, deren mathematische Dimension größer ist als die topologische. Das ist es, was sammler Uli Sigg in vielen arbeiten von ai weiwei erkennt, etwa in “Map of China”, “Bench” oder “Bed”: die Werke handeln von der Spannung zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit, zwischen scheinbarer Ordnung und unterschwelligem Chaos.

ai weiwei: map of china, 2004 / copyright: ai weiwei

ai weiwei: map of china, 2004, copyright: ai weiwei

Die ausstellung von ai weiwei birgt aber noch einen weiteren bezug zu den mathematischen Thesen Benoît Mandelbrots: der titel “so sorry” bezieht sich auf die vielen entschuldigungen, die u.a. im zusammenhang mit der finanz- und bankenkrise ausgesprochen wurden – oder nicht ausgesprochen wurden … Benoît mandelbrot hatte nun 2004, also vier jahre vor der finanzkrise,  in seinem mit co-autor richard hudson geschriebenen buch “The (mis)behavior of markets. A fractal view of risk, ruin and reward” bereits auf die instabilität und unberechenbarkeit der globalen finanzmärkte hingewiesen.

die mandelbrot-menge, sog. "apfelmännchen"

die mandelbrot-menge, sog. "apfelmännchen"

hier ein auszug aus der faz von 11 april 2005, autor: hanno beck: “Finanzmärkte haben [nach mandelbrot und hudson] ungefähr die Berechenbarkeit einer Horde Erstklässler auf dem Weg in die große Pause. Als logische Konsequenz daraus ergibt sich: Finanzmärkte sind wesentlich riskanter, als es die Vertreter der herkömmlichen Theorie wahrhaben wollen. Kurse steigen und fallen nicht, wie es die Lehrbuch-Literatur postuliert, diszipliniert und im Rahmen einer Normalverteilung. Nein, sie springen wild umher und scheren sich keinen Deut um Portfolios, die auf der Annahme normal verteilter Kursschwankungen aufgebaut sind…Das Weltbild, das Mandelbrot und Hudson vor den Augen des Lesers anschaulich, unterhaltsam und leicht nachvollziehbar entwerfen, ist faszinierend und erschreckend zugleich. Die Autoren räumen gründlich auf mit der Illusion, diese Welt sei beherrschbar und ausrechenbar… Die klassische Portfolio-Theorie, die Formeln zur Bewertung von Optionen, Handelsstrategien – all das müsse im Lichte der fraktalen Geometrie der Märkte neu überdacht werden, verlangen die Verfasser. Diese Ideen bergen erheblichen Sprengstoff.”

heute wird Benoît Mandelbrot 85 jahre alt.

happy birthday!

vollständiger artikel der frankfurter allgemeinen zeitung
weitere informationen zu mandelbrot

  1. 5 Antworten auf “Happy birthday, benoît!”

  2. von Eberhard M. 20 Nov 2009 | Antworten

    Also das müssen Sie mir erklären. Was eine einfache Skulptur, die die Form des Chinas nachbildet, mit Mandelbrots Fraktalen zu tun hat? Das ist einfach eine ganz nationalistisch gefärbte Aussage (Taiwan ist ja dabei, also völlig regierungskonform) von Ai Weiwei. Aber man kann etwas das keine Kunst ist, natürlich zu Kunst erklären, indem man Bezüge zu wirklichen Künstlern oder Kunsttheorien herstellt. The show must go on, Chris Dercon!

    Eberhard M.

  3. von Brigitte Leistikow 21 Nov 2009 | Antworten

    iNTERESSANT:

  4. von Barack Obama 22 Nov 2009 | Antworten

    nice,

    greetz Barack

  5. von joom 23 Nov 2009 | Antworten

    nun ja, man kann vielleicht über mandelbrots im geburtstagsartikel der faz letzten montag erwähnte beschäftigung mit der küste grossbritanniens einen bezug herstellen, aber die kritik eberhard m.s ist ernstzunehmen. mir fehlt ein klarer bezug, ein benannter ansatzpunkt “im” werk – und nicht bloss das räsonieren von herrn sigg und die daraus entstehende gedankenblase. klar, mandelbrot war schon immer sehr schick. norbert bolz, übernehmen sie (aber der ist, glaube ich, nicht mehr so schick…)

  6. von Eberhard M. 25 Nov 2009 | Antworten

    hallo joom, darüberhin muss man sich noch überlegen, was die form des chinesischen reiches uns sagen will, die Ai für seine Skulpturen wiederholt wählt. was würde denn ein deutscher künstler sagen wollen, der für seine Skulpturen die form deutschlands wählt? Oder ein Schweizer die Umrisse der Schweiz? Wäre Uli Sigg da auch an Mandelbrot erinnert?
    Eberhard M.

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